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WENN DAS UNERWARTETE ZUR ÜBERRASCHUNG WIRD

30.05.17

Ein Text von Marcela Ceballos:

Letzte Woche besuchte ich Oberhausen zum ersten Mal. Erwartungsvoll kam ich in der Stadt an, die ich durch die Aktivitäten eines Kulturvereins kennenlernte, die sich mit der aktiven Gestaltung und Reflektion einer transformativen Gemeinschaftlichkeit auseinandersetzt: kitev. Mein Name ist Marcela und ich kam vor einem Jahr aus Kolumbien nach Deutschland. In meinem Land habe ich Industrial Design und Kulturmanagement studiert und mache jetzt meinen Master in Design Research in Dessau-Rosslau. Zur Zeit beschäftige ich mich vorwiegend mit Projektanträgen von Designern*innen, Künstler*innen und Architekten*innen, die sich mit neuen Rahmenbedingungen der kulturellen Integration und Immigration auseinandersetzen und in diesem Sinne ein Umdenken in der gemeinsam gestalteten und gelebten Realität herbeiführt.

Nach Oberhausen kam ich geleitet von einer Neugier und der Möglichkeit des Kennenlernens zweier Projekte von kitev, die mir in meiner Recherche auffielen. Mein Reiseverlauf: Ich sah, zusammen mit vielen unterschiedlichen Teilnehmern*innen der Gemeinschaft die Filmvorführung eines italienischen Films in den Räumlichkeiten des Oberhauses, bei der ich auch einen Blick auf die Arbeit der Refugees´ Kitchen werfen durfte, die köstliche Gerichte für alle Gäste anbot.

Eigentlich hatte ich geplant, noch am selben Abend wieder zurück zu fahren, aber ich blieb. Und ich blieb, weil ich das gelungene Schaffen, was ich dort sah, in meinen Augen,das Gelingen von interkulturellen Projekten hervorragend darstellt. Ich blieb auch, weil ungeahnte Hürden im Laufe meines Aufenthalts immer mehr verschwanden.

Und ich wollte noch tiefer ins Geschehen eintauchen, um es zu verstehen. Plötzlich fand ich mich in einer sehr internationalen Atmosphäre wieder, wo bei gutem Essen und vielen interessanten Menschen Erfahrungen und Standpunkte ausgetauscht wurden. Dies alles klingt nicht nach einer neuen Erfindung Menschen zusammen zu bringen. Vielleicht ist es auch nicht neu. Aber hierbei geht es nicht unbedingt um eine Neuheit, viel mehr um die Möglichkeit der Erschaffung einer klaren Grundlage, auf der solch eine Zusammenkunft überhaupt erst in seiner Ungezwungenheit stattfinden kann. Auch geht es darum eine Platform zu bieten, auf der sich Austausch und die Erkundung kreativer Fähigkeiten bündeln: Keine einfache Aufgabe.

Als Designerin bin ich überzeugt, dass ein großes Potential für Designer*innen, Künstler*innen und Architekten*innen darin besteht, sich in die Generation solcher Platfomen zu involvieren. Bei kitev zeigt sich diese Platform in Gestalt einer mobilen Küche und einem kulturellen Treffpunkt, vereint in einem sehr besonderen Hochhaus. Die Möglichkeiten, die in dieser Vereinigung noch schlummern sind noch nicht alle vorstellbar. Sie werden erst sichtbar, wenn wir unsere Rolle als Förderer von kulturellen Interaktionen, Gestaltern von kollaborativen Räumen und empathischer Generation begreifen. Ich glaube auch, dass uns die kulturelle Integration alle etwas angeht, weil es uns die Chance gibt unsere bisherigen Werte in einer Gesellschaft zu hinterfragen und somit neu zu gestalten kann und uns fragen lässt, wie wir eigentlich als Menschen miteinander umgehen wollen.

Natürlich bestimmt dieses Thema bereits längst die Tagesordnung sämtlicher Regierungen, und das sollte es auch. Aber während noch über die großen Ausmaße und massiven Lösungsansätze diskutiert wird, sollten viel mehr lokale Orientierungen entstehen, welche dort greifen, wo es anfängt, in den alltäglichen Situationen, die in der großen Diskussion oft nicht wahrgenommen werden können.

Dann ist es besonders berührend zu sehen, wie Menschen unterschiedlichster Herkunft und Lebensgeschichte zusammenfinden, um eine Situation neu zu bewerten, die von vielen als Problem betrachtet, aber hier stattdessen als eine Gelegenheit erkannt wird, mehr Toleranz unter den verschiedenen Lebenswelten zu schaffen. Ich habe es gesehen, erlebt, hier in Oberhausen: hier, wo sich eine Gemeinschaft für ihre Zukunft und das aktive Zusammenleben verantwortlich fühlt.